Vor gut einem Jahr begann Andreas Mohr als Vorstandssprecher bei der MT Melsungen. Ein guter Anlass für ein Interview.
Seit dem 15. Januar 2024 ist Andreas Mohr an Bord der MT Melsungen. Der Vorstandssprecher ist beim Handball-Bundesligisten vor allem zuständig für Finanzen, Sponsoren und Administration. Wenn’s hart auf hart kommt, streift sich der 50-Jährige aber auch das Maskottchen-Kostüm über.
Andreas, mehr als zwölf Monate MT Melsungen – hast du deine Entscheidung zwischendurch mal bereut?
Ein ganz klares Nein. Der Job macht mir unglaublich Spaß, die Aufgaben sind sehr vielfältig. Wir haben mehrere Themen angeschoben, andere haben wir bereits umgesetzt, aber wir haben auch noch einiges vor. So viel kann ich sagen nach gut einem Jahr bei der MT: Langweilig wird’s nicht.
Obendrein steht die Mannschaft auf Platz eins, die Leistung stimmt, man könnte fast sagen: Seit Andreas Mohr bei der MT das Sagen hat, läuft es …
Den Spruch hab ich schon öfter gehört [lacht]. Nein, ernsthaft: Meine Aufgabe besteht darin, mit den Kolleginnen und Kollegen in der Geschäftsstelle gute Rahmenbedingungen zu schaffen, damit sich die Mannschaft auf das Wesentliche konzentrieren kann. Mein Einfluss auf das rein Sportliche ist eher untergeordnet. Da würde ich das Kompliment lieber an die Spieler, die Trainer und meinen Vorstandskollegen Michi Allendorf weitergeben.
Du hast eingangs von Themen gesprochen, die umgesetzt wurden. Hinter welchen Aufgaben hast du ein Häkchen setzen können?
In der gesamten Organisationsstruktur ist einiges passiert. Das Zusammenspiel zwischen Vorstand und Aufsichtsrat etwa, die Transparenz im Bereich Finanzen – vieles ist jetzt professioneller. Darüber hinaus ist die MT in Nordhessen wieder sichtbarer und erlebbarer. Ich glaube, diese regionalen Aspekte plus das Auftreten der Mannschaft haben dazu geführt, dass wir bei unseren Fans verlorenes Vertrauen zurückgewonnen haben. Und was die Regionalität betrifft: Ein weiterer Baustein wird das Ladengeschäft sein, das wir demnächst in der Melsunger Innenstadt eröffnen.
Bleiben wir bei den Aufgaben und Zielen, zu denen auch gehört, den Spieler-Etat perspektivisch deutlich zu reduzieren. Wie passt die Verpflichtung von Johannes Golla da ins Konzept?
Keine Sorge, die Verpflichtung ist Bestandteil unserer Mehrjahresplanung und passt zur Kostenentwicklung. Das ist also nichts, was unsere neue Ausrichtung über den Haufen wirft. Wir freuen uns sehr, dass mit Johannes Golla ein Spieler zur MT zurückkommt, der hier in der Jugend ausgebildet wurde. Dies zeigt: Er hat sich bei uns offensichtlich wohl gefühlt.
Wenn du einen besonderen Moment aus dem zurückliegenden Jahr herausheben müsstest, welcher wäre das?
Mit nur einem Highlight ist es da nicht getan. Hervorheben möchte ich allerdings den Liga-Erfolg gegen Flensburg. Nicht nur, weil es der erste Heimsieg gegen diesen Gegner überhaupt war, sondern weil ich immer noch das Gesicht von unserer langjährigen Unterstützerin Barbara Braun-Lüdicke vor Augen habe. Barbara war nach dem Spiel so ergriffen, so emotional – das hat mich sehr berührt. An diesem Abend hat die MT ihr viel zurückgegeben.
Apropos Highlight: Beim Heimspiel gegen die Füchse bist du kurzerhand als Maskottchen Henner eingesprungen. Wird es eine Fortsetzung geben?
Das war ein tolles Erlebnis und hat wirklich Spaß gemacht. Mir ist an den Reaktionen der Fans und vor allem der Kinder erst so richtig bewusst geworden, welche Bedeutung unser Henner hat. Von daher: Bevor wir ohne Maskottchen dastehen, springe ich gern ein. Jederzeit wieder.
Gibt es etwas, woran du zu knabbern hast?
Allerdings. Die Zuschauerzahlen bei den Heimspielen im Europapokal sind enttäuschend. Ich bin zwar nicht davon ausgegangen, dass die Spiele ausverkauft sind, aber einen höheren Zuspruch hätte ich schon erwartet. Zumal man nicht behaupten kann, die MT sei bislang Dauergast in diesem Wettbewerb gewesen. Klar, die Anwurfzeiten an einem Dienstag sind nicht wirklich familienfreundlich, aber: Jetzt in der Hauptrunde geht es ums Viertelfinale, danach käme das Final4, wir können was Besonderes schaffen. Trotzdem ist die Nachfrage für die Partie gegen Vojvodina erschreckend gering. Selbst das Kiel-Spiel ist in Sachen Ticketverkauf weit weg von einer Bundesliga-Begegnung. Ich hoffe aber noch auf einen höheren Zuspruch. Dass eine volle Halle das Team nach vorn trägt, haben wir in der Hinrunde bei den Siegen gegen die Top-Teams erlebt.
Was steht sonst auf der To-do-Liste?
Oben auf der Agenda steht das Ziel, die Trainingsbedingungen zu verbessern, nicht nur für die Bundesliga-Mannschaft, sondern für alle Teams. Wir wollen den Spielern etwas bieten können. Es ist ja kein Geheimnis, dass es bei Hallenzeiten mitunter zu Engpässen kommt. Wir arbeiten an Lösungen.
Außerdem wollen wir die Digitalisierung beim Ticketing vorantreiben, was nicht heißt, dass es zu 100 Prozent Online-Tickets geben soll – das ist unrealistisch. Der Anteil soll sich erhöhen. Das ist effizienter. Dadurch reduziert sich der Arbeitsaufwand. Und wo wir gerade beim Thema Online sind: Auf der To-do-Liste steht außerdem eine MT-App, in der sich alle Interessensgruppen wiederfinden sollen. Da sind wir bereits in guten Gesprächen.
Und wie sieht’s beim Thema Sponsoring aus?
Ziel eines Profi-Sportklubs ist es immer, die Basis an Sponsoren so breit wie möglich aufzustellen. In der HBL ist sicherlich der SC Magdeburg ein gutes Beispiel. Sponsoren und Unterstützer sind ein wichtiger Baustein. Nicht falsch verstehen: Bei der MT zieht sich niemand zurück. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass unser Einzugsgebiet nicht zu vergleichen ist mit dem von den Füchsen Berlin oder eben dem vom SC Magdeburg. Aber wir stecken den Kopf nicht in den Sand und versuchen, auch überregionale Sponsoren zu gewinnen. Das Produkt ist attraktiv genug.
Genau. Die MT tanzt auf drei Hochzeiten, ist Spitzenreiter, spielt im Final4 um den DHB-Pokal – was ist in dieser Saison möglich?
In so vielen Wettbewerben dabei zu sein, ist Fluch und Segen zugleich. Mit der WM kommt weitere Belastung hinzu. Ich hoffe jeden Tag, dass die Spieler sich nicht verletzen. Aber klar: Wir haben eine fantastische Hinrunde gespielt, faktisch aber noch nichts erreicht. Mir ist es wichtig, dass wir die Aufgaben demütig angehen und bei uns bleiben. Erst am Ende der Wettbewerbe wird abgerechnet. Bis dahin halte ich es wie unser Kapitän Timo Kastening: Ich genieße den Moment, und das so lange wie möglich.
Zur Person
Andreas Mohr (50) stammt aus Ludwigshafen. Nach dem Abitur hat er in Mannheim BWL studiert. Später machte er zudem sein Steuerberater-Examen. Er arbeitete unter anderem als Wirtschaftsprüfer bei PwC, er war fast 20 Jahre Geschäftsführer in der Personaldienstleistungsbranche und übernahm parallel ab 2020 die kaufmännische Leitung bei Fußball-Regionalligist Kickers Offenbach für zweieinhalb Jahre. Seit dem 15. Januar 2024 ist er Vorstand bei der MT Melsungen und dort für Finanzen, Sponsoren und Administration zuständig. Mohr ist verheiratet und Vater dreier Kinder. Seine Familie lebt in Erlensee im Main-Kinzig-Kreis. In seiner Freizeit kocht er leidenschaftlich gern.
Quelle: MT Melsungen Pressedienst