Die MT Melsungen hat das Spitzenspiel der LIQUI MOLY Handball-Bundesliga gegen die Füchse Berlin vor 3.517 Zuschauern in der Kasseler Rothenbach-Halle (Saisonrekord!) nach größtenteils begeisterndem Spiel und hartem Kampf mit 29:32 (15:12) verloren. Dabei lieferten die Hausherren gegen den Favoriten über 50 Minuten eine vor allem kämpferisch herausragende Vorstellung ab. Erst zum Schluss, als die Kräfte der über weit weniger personelle Möglichkeiten verfügenden Nordhessen nachließen, kamen die routinierten Hauptstädter zunächst heran und setzten sich schließlich auch ab. Daran änderten weder die fabelhafte Leistung von Nebojsa Simic etwas, noch die sechs Tore von Ivan Martinovic. Für die Gäste war Hans Lindberg mit neun Treffern der Matchwinner.
Mit einer Überraschung wartete die MT schon vor dem Anpfiff auf: Elvar Örn Jonsson, monatelang verletzungsbedingt außer Gefecht gesetzt, stand erstmals wieder auf dem Spielberichtsbogen. Gerade für die Defensive eine wichtige Personalie, denn beim Spiel in Erlangen vor Wochenfrist gesellte sich Rogério Moraes, sonst im Abwehrzentrum fast gesetzt, zur ohnehin schon langen Liste der rot-weißen Ausfälle. Dem gegenüber konnten die Berliner aus dem Vollen schöpfen, sind sie doch aktuell als einer von nur zwei Clubs in der Liga verletzungsfrei.
Auf dem Feld tauchte der isländische Rückkehrer bei Spielbeginn allerdings nicht auf, für ihn besetzte Arnar Freyr Arnarsson neben Gleb Kalarash das Abwehrzentrum. Beteiligt am ersten Ballgewinn war keiner der beiden, den verbuchte Dimitri Ignatow für sich. Den daraus entstehenden Tempogegenstoß nutzte David Mandic zum 1:0 (1.). Dass es, nicht zuletzt aufgrund des Moraes-Fehlens, zu Abstimmungsproblemen im Mittelblock kam, belegte das 2:3 (3.) durch Mijajlo Marsenic, als der plötzlich mutterseelenallein am Kreis stand und sich die Ecke aussuchen konnte.
Überhaupt war es anfangs kein Spiel der Defensiven. Praktisch jeder Angriff saß, das Tempo und die Frequenz der Torjubel waren atemberaubend. Die erste Parade von Nebojsa Simic führte dann auch zum 5:4 (6.) für die Melsunger, über die erste Welle, erzielt von Agustin Casado. Und selbst die frühe zweite Zeitstrafe gegen Gleb Kalarash nach nicht einmal sieben Minuten vermochte die Gastgeber nicht einzubremsen. Unter Druck drehte nämlich Simic auf bis zum Anschlag, vernichtete regelrecht zwei Riesenchancen von Mijajlo Marsenic frei vom Kreis und kurz darauf noch eine von Paul Drux, vorn vollstreckten David Mandic und Dimitri Ignatow. Ehe wieder Simic im Zurücklaufen ins Tor einen langen Wurf von Dejan Milosavljev noch ins Aus boxte und Jaron Siewert beim Stand von mittlerweile 7:4 entnervt die erste Auszeit buzzerte (11.).
Berlin kehrte aggressiver zurück, sah sich aber auch sofort sieben Melsunger Feldspielern gegenüber. Das ging im ersten Anlauf schief, weil Fabian Wiede einen Pass abfing und zum 7:6 ins leere Gehäuse traf. Dann jedoch zogen Arnarsson und Kalarash die Berliner Deckung zusammen und Aidenas Malasinskas fand Dimitri Ignatow mit Kempa-Anspiel: Traumtor zum 8:6 (14.). Melsungen machte das Spiel und bestimmte das Geschehen und hatte mit Nebojsa Simic einen überragenden Keeper zwischen den Pfosten. Doch weil sich Dejan Milosavljev zu steigern wusste, blieb der Abstand erst einmal bei zwei bis drei. Auch als erneut David Mandic im Gegenstoß auf ihn zu kam und der Serbe Sieger blieb (11:8, 21.).
Und obwohl es das Spiel des Nebojsa Simic blieb, der die Hauptstädter mit seinen Reaktionen zur Verzweiflung trieb, führten vermehrte Fehler im Angriff zum Schmelzen des kleinen Polsters. Natürlich fehlte dem längst eingewechselten Elvar Örn Jonsson bisweilen noch die Bindung zum Spiel. Auch wenn sein flacher Schlagwurf zum 12:10 (25.) und die Kraftleistung zum 13:10 kurz darauf – nach der zehnten(!) Parade von Simic – für Begeisterungsstürme auf der Tribüne sorgte. 60 Sekunden vor Ende der ersten Hälfte erlebten die Zuschauer den dritten Erfolg des Dänen zum 15:11 bereits im Stehen und ließen sich das Feiern auch durch Mathias Gidsels Verkürzung mit der Pausensirene nicht vermiesen.
Die Torfrequenz der zweiten stand der der ersten Halbzeit etwas nach, das Tempo war nicht mehr ganz so rasant. Auch standen die Deckungsreihen besser als bei Spielbeginn, was sich zunächst zum leichten Vorteil für die Gäste entwickelte. Die kamen durch einen Doppelschlag von Jacob Holm zum 17:15 (36.) wieder näher heran. Dann häuften sich auch bei den Füchsen die Fehler, was schnell wieder zum alten Abstand führte. Mehr sogar noch, weil sich Agustin Casado einen Ball aus dem Füchse-Angriff heraus schnappte und in Gegenstoß zum 21:17 versenkte (40.). Wieder war eine frühe Berliner Auszeit vonnöten.
Ausgerechnet eine Strafe gegen Marko Kopljar führte zur nächsten kleinen Wende . Dreimal verlor Melsungen das Leder im Vorwärtsgang, Hans Lindberg, und Paul Drux bedankten sich immerhin zweimal dafür. Erst David Mandic mit zwei Volltreffern sorgte für Beruhigung. Natürlich nur sprichwörtlich und aus Sicht der Hausherren, denn auf dem Feld ging es unvermindert volles Tempo mir emotionalen Ausschlägen nach beiden Seiten. Ein weiterer nordhessischer Fels in der Brandung: Ivan Martinovic mit seinem vierten eiskalt verwandelten Strafwurf zum 24:21 (47.). Ebenso viele hatte auch Hans Lindberg nach seinem erfolgreichen Versuch zum 24:23 (49.) zu bieten.
Den ersten Ausgleich seit der fünften Spielminute stellte Paul Drux zum 25:25 (52.) her, dann war es Hans Lindberg vorbehalten, die Füchse zum 26:27 in Führung zu werfen und Roberto Garcia Parrondos zweite Auszeit zu erzwingen (53.). Doch Berlin jetzt noch einmal einzubremsen, das erschien als fast aussichtsloses Unterfangen, zumal Lindberg von der Siebenmeterlinie zum 27:29 nachlegte (55.). Parrondo riskierte alles, setzte wieder auf den siebten Feldspieler. Und hatte Pech damit, weil Kai Häfner an Dejan Milosavljev scheiterte. Dreieinhalb Minuten vor Ultimo also alle Vorteile in Berliner Hand, die sich das auch nicht mehr nehmen ließen. Mathias Gidsels 28:31 ins verlassene MT-Tor machte schließlich den Deckel drauf, der Rest war nur noch Ergebnisverwaltung und Formsache.
Stimmen zum Spiel
Roberto Garcia Parrondo: Gratulation an Berlin zum Sieg, das war heute ein gutes Match. Für uns bin ich traurig, denn es war sicher ein besseres Ergebnis möglich. Wir haben ein gutes Spiel gemacht und deshalb auch über weite Strecken geführt. Dann verlieren wir in Überzahl drei Bälle hintereinander und holen Berlin zurück. Von genau diesen zwei Minuten bin ich enttäuscht, weil wir auch am Ende dann nicht mehr an unsere gute Leistung zuvor anknüpfen konnten.
Jaron Siewert: Ich bin überglücklich, dass wir dieses Spiel hier gewinnen konnten. In den letzten zwölf Minuten haben wir endlich so gespielt, wie wir uns das vorgenommen hatten. Melsungen hat uns doch überrascht mit der sehr offenen Deckung gegen Mathias Gidsel. In den 48 Minuten zuvor haben wir vorn zu viele Chancen liegen gelassen und hinten oft die letzte Konsequenz vermissen lassen. Zum Schluss hat den Ausschlag gegeben, dass wir den einen oder anderen Fehler mehr auf Melsunger Seite provozieren konnten.
Quelle:MT-Melsungen Pressedienst