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MT Melsungen spielt unentschieden gegen Lemgo

In einem nervenaufreibenden Thriller vor zum neunten Mal in dieser Saison ausverkauftem Haus in der Kasseler Rothenbach-Halle trennten sich die MT Melsungen und der TBV Lemgo mit einem unter dem Strich verdienten 33:33 (16:17)-Unentschieden. Das sich die Gäste durch unermüdlichen Kampf, große Nervenstärke und diszipliniertes Spiel sicherten, während Melsungen nie zu seiner Linie fand, über weite Strecken einem Rückstand hinterherlief und schlussendlich wenigstens, wie im Hinspiel, noch einen Punkt sicherte. Julius Kühn verbuchte ein volles Dutzend Tore aus dem Feld für sich, Tim Hornke als bester Lemgoer Schütze machte sieben seiner ebenfalls zwölf Treffer von der Siebenmeterlinie.

Beide Angriffsreihen taten sich schwer mit dem Gegner. Lemgo mit der Melsunger 5:1-Formation, aus der heraus Michael Allendorf Regisseur Andrej Kogut die Räume zum Spielaufbau eng machte, die MT mit der fast deckungsgleichen Gegenvariante der Ostwestfalen und Patrick Zieker auf vorgezogenem Posten. So dauerte es einige Zeit, bis der zum Kreis eingelaufene Allendorf Piotr Wiszomirski erstmals bezwingen konnte. Noch länger dauerte es bis zu ersten herausgespielten Treffer der Gäste, den Kogut zum 2:2 erzielte (7.), nachdem zuvor Tim Hornke nur per Siebenmeter zum Ziel gekommen war.

Von der desolaten Anfangsleistung bei den Rhein-Neckar Löwen im vorangegangenen Auswärtsspiel waren die Lipperländer weit entfernt. Im Gegenteil stimmte nicht nur der Kampfeswille, sondern auch die spielerische Komponente. Immer wieder war einer der Blau-Weißen frei zum Anspiel. Erschwerend kam hinzu, dass Johan Sjöstrand nicht zur gewohnten Form fand. Erst einen Wurf hatte er pariert, als Tim Hornke schon zum dritten Mal traf und den TBV mit 7:5 in Führung brachte. Die erste Auszeit durch Trainer Michael Roth war die logische Folge (14.).

Bei diesem Vorteil für die Gäste blieb es in der Folge, auch wenn sich Sjöstrand moderat steigerte und die Melsunger mehr als einmal nach dem jeweils prompt erzielten Anschluss den Ausgleich vor Augen hatte. Gelingen wollte er erst zum 12:12 durch einen Gegenstoß über Tobias Reichmann nach einer weiteren Sjöstrand-Parade (23.). Und nur drei Minuten später war es der schwedische Keeper dann selbst, der das Leder über das gesamte Feld ins zu Gunsten eines weiteren Feldspielers verlassene Lemgoer Tor beförderte – 14:13 (26.).

Die nächste Auszeit folgte, diesmal genommen von Florian Kehrmann. Mit Erfolg, denn den Rest der Unterzahl nach Fynn Hangsteins Strafe blieb ohne Gegentor und brachte durch Donat Bartoks Treffer sogar den nächsten Gleichstand. Die Begegnung blieb offen. Mehr noch, als Michael Allendorf kurz vor der Halbzeit auf die Strafbank musste und sich Michael Müller in der Lemgoer Abwehr festlief, schaltete Isaias Guardiola am schnellsten, sah, dass der Melsunger Kasten leer war und warf vom eigenen Kreis sogar eine nicht unverdiente Halbzeitführung heraus.

Nach Wiederbeginn fand das abwechslungsreiche Duell auf Augenhöhe seine Fortsetzung. Erst liefen die Nordhessen den TBV-Führungen hinterher, dann schlug das Pendel nach Lasse Mikkelsens Siebenmeter zum 20:19 kurzfristig mal wieder nach der anderen Seite aus, um durch Guardiola und Kogut erneut gedreht zu werden (20:21, 37.). Darüber hinaus hatten die Gastgeber Glück, dass sich Sjöstrand weiter steigerte, sonst wären die Ostwestfalen womöglich deutlicher davon gezogen, zumal Jeffrey Boomhouwer eine Strafe kassierte. So aber führte ein gemeinsam gelaufener Gegenstoß von Julius Kühn und Michael Allendorf, den der Linksaußen abschloss zum 22:22 (40.).

Lemgo reagierte prompt, setzte sich durch zwei Zieker-Tore sogar wieder etwas deutlicher ab. Um nach einem Doppelschlag von Julius Kühn zum 25:25 wieder eingefangen zu werden (45.). Dann patzte Sjöstrand beim Wurf von Tim Suton, landete Kühns Versuch zu unplatziert an Peter Johannessons Schienbein und Christian Klimek stellte den alten Abstand wieder her (25:27, 48.). Die Melsunger fanden einfach nicht in ihre Spur und machten sich jeden errungenen Teilerfolg umgehend selbst wieder zunichte.
Nach dem nächsten Treffer durch Donat Bartok zum 26:28 räumte Sjöstrand seinen Arbeitsplatz zu Gunsten von Mathias Lenz. Der blieb jedoch chancenlos gegen Tim Hornke, während der ebenfalls zwischen die Pfosten zurückgekehrte Piotr Wiszomirski sofort gegen Julius Kühn parierte. Dass Allendorf dennoch das 30:30 per Konter gelang, lag an einem technischen Fehler des TBV. Nach Bartoks fünftem Streich kehrte Sjöstrand für den erfolglos gebliebenen Lenz ins Tor zurück (55.).

Der Rest war ein reines Nervenspiel. Angeheizt von den Unparteiischen, die sich den Unmut der Zuschauer massiv zuzogen. Erst durch eine zweifelhafte Entscheidung für Ballbesitz Lemgo, dann durch allzu geduldiges Zulassen der endlos in die Länge gezogenen Gästeangriffe. Trotzdem gelang der Melsunger Abwehr der Ballgewinn und Michael Müller die 32:31-Führung, beantwortet durch Tim Hornkes achten verwandelten Siebenmeter zum Gleichstand. Eine Minute war da noch zu spielen. Kühn stieg hoch, brachte die MT in Vorlage. Noch 39 Sekunden. Patrick Zieker ist frei auf Linksaußen, bezwingt Sjöstrand: 33:33 – noch elf Sekunden. Ein letzter Angriff für die Hausherren, ein letzter Sprungwurf von Julius Kühn, eine allerletzte Fußparade von Piotr Wyszomirski, dann lagen sich die Blauen in den Amen und jubelten, die Roten schauten ungläubig drein, ein einsamer Kühn saß auf dem Spielfeld und hämmerte mit der Faust auf den Hallenboden ein. Zwölfmal hatte er getroffen, ausgerechnet der dreizehnte sollte nicht sein.

Stimmen zum Spiel:

Michael Roth: “Glückwunsch an Florian und den TBV für den verdienten Punkt. Ich habe in letzter Zeit viele Spiele von ihnen gesehen, aber das heute war sicher ihr bestes, gleichzeitig garantiert nicht unser bestes. Wie schon in Flensburg hat es sehr lange gedauert, bis wir Zugriff auf den Gegner bekommen haben. In der zweiten Hälfte haben wir zwar besser verteidigt, aber trotzdem haben viele Sachen nicht funktioniert. Im Angriff sind 33 Tore vollkommen in Ordnung, aber wir dürfen daheim keine 33 bekommen. Dass Finn Lemke uns am Freitag noch komplett ausgefallen ist war der Sache auch nicht förderlich. Jetzt müssen wir diesen Punktverlust hinnehmen und versuchen, ihn woanders wieder gut zu machen.”

Florian Kehrmann: “Wir haben heute mit einer kämpferisch überragenden Leistung einen Punkt geholt. Dazu haben wir im Vorfeld versucht, uns etwas einfallen zu lassen. Und deshalb hatten wir auch vor, Melsungen mit unserer 5:1-Deckung lange zu ärgern und ihnen ihre Sicherheit im Angriff zu nehmen. Das hat funktioniert, aber das kann man keine 60 Minuten durchhalten. Die Umstellung zurück auf 6:0 hat dann aber auch funktioniert. Nach vorn waren wir sehr diszipliniert und haben nur wenige technische Fehler gemacht. Das war sicher der Schlüssel zum Erfolg. Dazu habe ich versucht meinen Spielern zu vermitteln, dass man auch nach Melsungen fahren kann um Punkte zu holen. Die Motivation dabei war unsere Eishockey-Olympiamannschaft und darzustellen, was im Sport möglich ist.”

Axel Geerken: “Die Bundesliga-Tabelle zeigt ein recht deutliches Bild. Vorn stehen sieben Mannschaften, dahinter ist ein größerer Abstand. Wir sind mit dabei, aber es ist schon enttäuschend, wie wir unsere Punkte abgeben. Vielleicht braucht es doch noch Zeit, um den etwas größeren Umbruch mit fünf neuen Spielern hin zu bekommen. Bei allem Respekt vor Lemgo, den ich ganz sicher habe, muss man so ein Spiel wie heute gegen einen solchen Gegner ganz einfach gewinnen.”

Jörg Zereike: “Kämpferisch war das heute eine überragende Leistung ohne Fabian van Olphen und Christoph Theuerkauf. Es war klar, dass wir ohne die beiden in der Abwehr Probleme bekommen würden. Zufrieden sind wir aber nicht nur mit dem heutigen Punkt, sondern mit dem Verlauf der gesamten Saison. Bisher hat uns nur immer das i-Tüpfelchen gefehlt, auch mal bei einem der „Großen“, zu denen ich Melsungen zähle, etwas zu holen. Wir haben uns eher darauf beschränkt, die sogenannten Pflichtpunkte zu holen. Nun haben wir uns endlich einmal für unsere bisherige Arbeit richtig belohnt.”

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