Die um fünf Stammspieler dezimierte MT Melsungen besiegte am Sonntag “Angstgegner” TuS N-Lübbecke in dessen Halle nach einem 13:14-Pausenrückstand hochverdient mit 31:23. Es war ein echter Kraftakt für die Nordhessen, die kurz vor dem Spiel auch noch auf ihre etatmäßigem Rechtsaußen Timo Kastening und Tobias Reichmann verzichten mussten. Die abstiegsbedrohten Ostwestfalen erwiesen sich im ersten Durchgang als der erwartet zähe Gegner, gegen den die MT in der Vergangenheit schon so oft Problem hatte. Doch in der zweiten Spielhälfte drehte der vermeintliche Favorit richtig auf: Gestützt auf eine bissige Abwehr vor einem äußerst aufmerksamen Nebojsa Simic und nach vorne angetrieben von einem überragenden Kapitän Kai Häfner, der mit acht Treffern zum besten Schützen des Spiels avancierte, wurden die Hausherren zum Ende hin förmlich überrannt. Bei denen erwiesen sich Florian Baumgärtner und Tom Skroblien (jeweils 5 Tore) vor 1018 Zuschauern in der Lübbecker Merkur Arena als treffsicherste Spieler. Durch den Sieg rückt die MT Melsungen auf Platz sechs vor und empfängt am kommenden Donnerstag in Kassel Verfolger Frisch Auf! Göppingen.
Die Hiobsbotschaften, die Roberto Garcia Parrondo in den letzten Wochen erreichen, reißen einfach nicht ab. Der MT-Chefcoach musste schon gegen Flensburg auf vier Stammkräfte im Rückraum (Lemke, Pavlovic, Jonsson, Gomes) verzichten. Von denen kehrte zum heutigen Auswärtsspiel in Lübbecke nur Elvar Örn Jonsson ins Team zurück. Kurz zuvor fielen aber noch die beiden etatmäßigen Rechtsaußen Tobias Reichmann und Timo Kastening aus.
Beim Abschlusstraining hatte sich Timo Kastening eine Verletzung im Knie zugezogen. Mannschaftsarzt Dr. Gerd Rauch kann eine genauere Diagnose erst am Montag nach einer Computertomografie stellen. Kastenings Positionskollege Tobias Reichmann musste sich kurzfristig wegen eines positiven Coronatests in häusliche Isolation begeben. Das Aufgebot ergänzten deshalb Paul Kompenhans, David Kuntscher und Julian Fuchs aus dem MT Nachwuchskader.
Letztgenannter wurde sogar in die Start-Sieben auf Rechtsaußen beordert und sorgte dort prompt für Furore. Nach dem Auftakttreffer durch Julius Kühn entspann sich in den folgenden 10 Minuten ein munteres Wechselspielchen, bei dem Melsungen jeweils vorlegte und Lübbecke um den Anschluss bemüht war. Die MT-Treffer zu den Zwischenständen 2:3 (5. Min.), 3:5 (8.) und 4:7 (10.) waren allesamt sauber herausgespielt, mit Endstation Rechtsaußen. Dort nutzte “Fuchsi” die Gelegenheiten und versenkte ohne Fehlversuch. Acht Minuten später hatte er sein Tor Nummer vier auf der Hand, aber der Ball landet nur am Lattenkreuz. Es wär das 8:10 gewesen.
Die Gastgeber hatten bis dahin zwei Drei-Tore-Rückstände aufgeholt und gewannen in den letzten zehn Minuten des ersten Durchgangs sogar Oberwasser, wie der Treffer zum 11:10 (24.) durch den langen Florian Baumgärtner belegte. Der MT war noch nicht mal ein Vorwurf zu machen. Denn der Einsatz in der Abwehr stimmte, dahinter war Keeper Nebojsa Simic gut drauf und auch das Spiel im Angriff, bei dem Yves Kunkel, eigentlich Linksaußen, umsichtig Regie führte und im Verlauf von Elvar Örn Jonsson abgelöst wurde, florierte.
Es waren zum einen drei ausgelassen klare Torchancen, zum anderen sprangen den Lübbeckern drei von “Simo” schon abgewehrte Bälle wieder in die Hände zurück und wurden in Treffer umgemünzt. So gesehen, geht der 14:13-Halbzeitstand auch in Ordnung.
Dass sich die MT für Durchgang zwei mehr vorgenommen hatte, machte sie schon gleich nach Wiederanpfiff deutlich. Mit einem Dreierschlag “Häfner – Kühn – Häfner” leitete sie den Wachwechsel ein. TuS-Coach Emir Kurtagic zog die Notbremse, warf nach dem 14:16 den Grünen Karton.
Nach der Auszeit legten die Nordhessen nach. Nebojsa Simic entzauberte kurz zweimal hintereinander Florian Baumgärtner, auf der anderen Seite waren Michael Allendorf und Yves Kunkel erfolgreich – 14:18 (39.). Und wäre zuvor Julius Kühn – ausnahmsweise mal als Siebenmeterschütze – nicht an Aljosa Rezar gescheitert, wäre der Zwischenspurt sogar noch etwas deutlicher ausgefallen.
Den guten Lauf bestätigte die MT aber dann in der Folge, Kai Häfner mit einem lehrbuchmäßigen für den Torhüter nicht zu sehenden Unterarmwurf, Gleb Kalarash vom Kreis und wiederum der Kapitän sorgten nach einer knappen Dreiviertelstunde für die erste Fünf-Tore-Führung der Gäste (16:21, 42.).
Zurück in der Abwehr kam es zu einer Szene, die mit einer harten Bestrafung durch die Referees beendet wurde: Julius Kühn attackierte den gegnerischen Werfer, zwar keineswegs überhart, aber doch so, dass dieser herumwirbelte und zu Boden ging. Rote Karte – für den Rückraumshooter war nach 42:19 Minuten der Arbeitstag beendet. Die bange Frage aus Melsunger Sicht: Würde das die wiederum dezimierte Mannschaft wegstecken können? – Um es abzukürzen: Ja!
Auch wenn Marek Nissen mit dem 19:22 seine Farben wieder in Reichweite heranbrachte, ließ die MT in der Schlussviertelstunde nichts mehr anbrennen. Jetzt wurden die Gelegenheiten fast ausnahmslos in Treffer umgewandelt, ob Elvar Örn Jonsson aus der Mitte, Alexander Petersson von Rechtsaußen, Gleb Kalarash vom Kreis oder Yves Kunkel von der Siebenmeterlinie und natürlich Kapitän Kai Häfner aus unterschiedlichsten Situationen.
Das schönste Tor des Tages war gleichzeitig der Schlusspunkt: Nebojsa Simic wirft Sekunden vor dem Abpfiff einen Pass übers ganze Spielfeld, Yves Kunkel fängt im Flug und zirkelt das Spielgerät durch die Beine von TuS-Keeper Aljosa Rezar zum hochverdienten 23:31 Endstand.
Kai Häfner im Sky-Interview: “Wir haben eigentlich auch schon in der ersten Halbzeit nicht schlecht gespielt, hatten aber in einigen Situationen etwas Pech, als Lübbecke jeweils mit Rebounds erfolgreich war. Insofern sind wir einigermaßen zufrieden gewesen, waren uns aber in der Kabine bewusst, dass wir in der zweiten Hälfte einige Dinge verbessern müssen. Was dann ja auch geklappt hat”. Das Lob von Moderator Jürgen Schmitz für dessen überragende Leistung kommentierte Häfner augenzwinkernd: “Wenn es gut läuft, will man natürlich nicht aufhören. Das ist ja schließlich nicht ganz so oft der Fall”. Über die Bedeutung des Spiels sagte Häfner: “Diese Punkte waren enorm wichtig. Uns war klar, wenn wir Platz 5 erreichen wollen, müssen wir heute gewinnen”.
Quelle: MT- Melsungen Pressedienst